Warum Destinationen wie Einkaufszentren sind und was man daraus lernen kann.

Digitalisierung im Tourismus und Digitale Transformation im Retailbereich haben mehr Gemeinsamkeiten als man denkt und unterscheiden sich doch in einem aber entscheidenden Bereich.

Auch in der Schweiz gibt es sie, kleinere und grössere «Shopping-Malls» in denen man vom Einzelhandel über Ladenketten mehr oder weniger alles kaufen kann.

Je besser und einzigartiger die Shops in der Mall sind umso mehr Kunden mit konkreten Kaufabsichten werden angelockt. Genau hier aber beginnt das Dilemma des stationären Handels. Immer mehr Kunden kaufen direkt online ein. Denn im Internet findet der Konsument garantiert den gewünschten Artikel und hält diesen im besten Fall sogar noch am gleichen Tag in den Händen.

Kommt hinzu, dass keine stationäre Fläche jemals gross genug sein wird, um mit einem Onlinehändler konkurrenzieren zu können bezüglich Sortimentsbreite und -tiefe. Also, warum da überhaupt konkurrenzieren wollen, wenn man ohnehin nur verlieren kann?

Das führt dazu, dass die Dominanz der grossen Intermediäre wie Amazon.com weiter zunehmen wird, sich mittelgrosse Retailer mit anderen zusammenschliessen und kleine Zwischenhändler schlicht sterben werden, wenn es Ihnen denn nicht gelingt sich segmentspezifisch so zu positionieren, dass Sie ein echtes Kundenbedürfnis befriedigen können.

Erschwerend hinzu kommt das der Direktvertrieb für viele Produzenten immer spannender wird. Grössere Betriebe sind bereits in der Lage diese Prozesse selbst mit eigenen Ressourcen zu steuern. Falls nicht dann eigenen sie sich schrittweise das Wissen dazu an oder lagern es komplett an einen Fulfilment Partner (vgl. Hermes) aus. Wichtiger werden somit Kompetenzen wie man einen möglichst hohen Distributionsgrad erreichen bzw. seine Produkte in Möglichst viele Schaufenster stellen kann.

Die Ladenfläche in der Shopping-Mall ist somit nur einer von ganz vielen Kanälen der bewirtschaftet werden muss. Und mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht der Umsatzstärkste aber gleichzeitig einer der teuersten, wenn man bedenkt was ein Quadratmeter Ladenfläche kostet. Genau dieses Missverhältnis zwischen Ertrag im Vergleich zum Aufwand pro Quadratmeter führt dazu, dass immer mehr Einkaufszentren verweisen, weil Sie ihre Ladenflächen nicht mehr verkaufen können.

Entsprechend neu müssen sich die Betreiber der Einkaufszentren organisieren. Und nein, Kundenkarte, ein neues Logo und ein paar iPads beim Kundendienst im dritten Stock reichen nicht. Vielmehr ist Voraussetzung, dass wir uns von heutigen Denkmustern verabschieden und radikal neu denken.

Mit Drei-Punkteplan zum Erfolg:



Paradigmawechsel

Emotionen wecken

Es gilt also, die Flächen konsequent neu zu konzipieren und zu bespielen. Der Point of Sales muss zum erlebbaren Point of Emotion werden. Denn so kann es sich für einen Kunden noch lohnen, ein Ladengeschäft zu besuchen, weil er das im digitalen Raum bis zu einem gewissen Grad vermissen wird. Es braucht also Massnahmen mit denen es gelingt Kunden wieder in die Einkaufszentren zu ziehen.

Veranstaltungen eigenen sich dafür gut, diese sind befristet und können nur vor Ort erlebt werden. Zudem sind solche Events hervorragende Plattformen um Geschichten zu schreiben. Und Menschen lieben Geschichten, aber nur die Guten. Solche gilt es zu schreiben und gekonnt im eigenen Marketing-Mix zu verarbeiten. Das ist einfacher gesagt als gemacht und per se mittlerweile eine Kunst für sich, welche geübt sein will was uns zum zweiten Punkt führt.





Kompetenzen teilen

Knowhow aus dem digitalen Raum wird stationär zur Verfügung gestellt, seien es Bewertungen, Empfehlungen, Test-Berichte und vieles mehr, umfassend personalisiert und verknüpft mit individuellen Social-Media Communities der jeweiligen Kunden. Alles verschmilzt, die kleinste Fläche hat Knowhow der grössten Niederlassung und deren Angebot, auch wenn dieses nicht auf der Fläche steht. Oder anders gesagt, der Kunde (bzw. der Gast) wird immer mehr zum wichtigsten Beeinflusser anderer Gäste. Egal ob «Influencer-Marketing» oder andere Massnahmen, Digitalisierung erfordert eine Strategie und Methodenkompetenz um nachhaltig vom vorhandenen Synergiepotential profitieren zu können. Kompetenzen und Ressourcen welche Einzelbetriebe so kaum aufbauen können, in der Betreiber einer Shopping-Mall aber im Kollektiv aufbauen könnte.

Es braucht ein konkurrenzfähiges Serviceportfolio welches über die reine Vermietung von Ladenflächen ausgeht. Das wiederum führt uns zum letzten der drei Punkte.



Shared Services

Letzte Meile nutzen

Die Verschmelzung von analogem und digitalem Handel, von Offline und Online, und die immer schneller werdende Auslieferung, wird Logistik-Hubs nahe bei den Kunden erfordern. Und stationäre Formate sind in der Regel näher beim Kunden, also werden diese zusehends auch Logistik-Funktionen für die schnelle Belieferung auf der letzten Meile übernehmen müssen. Einkaufszentren sind hier meist sehr gut organisiert und auch infrastrukturell gut aufgestellt. Es gibt genügend Parkplätze und auch logistisch ist man sehr gut erschlossen. Gute Voraussetzungen also um diese Herausforderung zu meistern.

Im Tourismus verhält es sich auch hier sehr ähnlich, auch wenn man hier etwas mehr um die Ecke denken muss. Der Schlüssel zum Erfolg in diesem Fall heisst «Erlebnisse». Gäste buchen, wenn Sie nicht unbedingt müssen, solche Erlebnisse erst wenn Sie vor Ort sind – am liebsten unverbindlich oder nur wenige Stunden (Faktor Wetter lässt grüssen) vor Leistungsbezug.

Entsprechend viel Potential steckt in zeitlich limitierten Angeboten, Pop-Up Stores sind nur ein Beispiel und eine Massnahme welche sich wiederum wunderbar mit dem ersten Punkt «Emotionen wecken» verbinden lässt.



Fazit

Leider ist es doch nicht so einfach. Denn wer sich heute stationär positiv vom Internet unterscheiden will, muss derart grandios sein bei Ladenbau, Sortiment und nicht zuletzt Personal, dass es kaum vorstellbar ist, wie das die Einkaufszentren schaffen wollen. Vielleicht ist die Zeit vorbei für das Warenhaus, weil Amazon längst das neue Warenhaus ist. Und genauso verhält es sich mit Destinationen, deren Angebot ist nur so gut wie das der Leistungsträger welches sie repräsentieren und nur so gross wir es ihr Territorium zu lässt.

Kurzum es skaliert nicht!

Nun kommt aber der eine, aber wesentliche Punkt, indem sich der Tourismus vom Retailbereich unterscheidet. Die Wertschöpfung wird immer stationär generiert, egal also in welchem Kanal der Gast die Reise gebucht hat, am Ende profitieren alle (auch die Destination), Hauptsache der Gäste besuchen die Region.


Also lasst uns diese Chance nutzen und vorhandene Mittel dafür bündeln, dass Leistungsträger zu Reichweiten kommt um besser verkaufen können, unabhängig vom Kanal. Anstatt das Einkaufszentrum umzubauen und mit selbstsortierenden Regalen auszustatten, welche durch künstliche Intelligenz in der Lage sind mir den persönlichen passenden Artikel vor die Nase zu setzen.